navabi.de Screenshot

Wie Sonja in ihrem Beitrag „Auf gute Zusammenarbeit – Teil 1 der navabi-Serie“ bereits schrieb, haben wir mit dem Relaunch des Online-Shops von navabi ein sehr interessantes, aber auch anspruchsvolles Projekt gewonnen. Besonders kritisch war aus Sicht von navabi die Zeitplanung: Zum Black Friday 2018 (Ende November) sollte der Hauptshop (navabi.de) auf Magento 2 online sein, um die erwarteten Lastspitzen abfangen zu können. Die Auftragserteilung erfolgte im Juli 2018 – es waren also nur etwas mehr als vier Monate Zeit.

navabi - Ursprünglicher Zeitplan

navabi – Ursprünglicher Zeitplan

Der Zeitplan war nie rechtlich verbindlich – dennoch haben wir natürlich alles getan, was in unserer Macht stand, um ihn dennoch weitestgehend einzuhalten.

Die Aufgaben

Ziel des Projekts war, grob gesprochen, die Umsetzung des bisher auf einer Eigenentwicklung laufenden navabi-Shops auf Basis von Magento 2 als skalierbares, stabiles und flexibles Fundament. Neue Funktionen waren zunächst nicht geplant, stattdessen ging es hauptsächlich um die Übernahme des Layouts, des UI und der meisten Funktionalitäten 1:1, damit der Umbruch für die Kundinnen möglichst wenig wahrgenommen wird.
Die größten Aufgaben waren dabei:

  • Aufbau einer umfangreichen Schnittstelle zum Backend-System
  • Übernahme des Layouts
  • Umfangreiche Anpassungen am Checkout
  • Anpassung der Produktstruktur von Magento
  • Neubau der Google-Tag-Manager-Integration
  • Integration von Solr als Suchmaschine und für Kategorieseiten

Die Maßnahmen

Um diesen Zeitplan auch nur annähernd halten zu können, mussten wir einige Maßnahmen ergreifen.

1. Schneller Projektbeginn

Zwischen dem Zeitpunkt, als auf Seiten von navabi feststand, dass wir das Projekt umsetzen sollen, und der endgültigen Unterschrift unter dem Vertrag vergingen noch mehrere Wochen. Um diese Zeit nicht für die Umsetzung zu verlieren, hat navabi ein Vorab-Budget genehmigt. So konnten wir mit der Konzeption und Projekteinrichtung bereits beginnen. Schon davor haben wir mit den ersten Arbeiten begonnen.

2. Personal

Da es praktisch keine Übergangszeit zwischen der Unterschrift und dem Projektstart gab, mussten wir in kurzer Zeit ein komplettes Projektteam bereit stellen. Drei Mitarbeiter konnten wir aus anderen Projekten umschichten. Die zweite Hälfte des Projektteams setzte sich aus kurzfristig hinzugezogenen externen Mitarbeitern von befreundeten Firmen zusammen. Hier machte sich unser großes und langjähriges Netzwerk bezahlt – mit allen externen Mitarbeitern hatten wir bereits zusammengearbeitet, und auch die räumliche Entfernung war überschaubar, was persönliche Treffen zum Projektstart erleichterte. So hatten wir ein schlagkräftiges Team aus 5 Personen, das ab September noch durch einen neuen Mitarbeiter (der bereits Magento-2-Erfahrung hatte) ergänzt wurde. Weitere interne und externe Mitarbeiter haben wir punktuell für bestimmte Aufgaben hinzugezogen.

Dadurch, dass wir ausschließlich Senior-Mitarbeiter eingesetzt haben und auf Mechanismen wir Code Reviews und Integration Tests gesetzt haben, ist es uns gleichzeitig gelungen, die Code-Qualität hochzuhalten.

3. Verzicht auf Internationalisierung im ersten Schritt

navabi verkauft in 38 Länder mit teilweise mehreren Sprachen. Es werden neun verschiedene Währungen angeboten, außerdem mehrere Größensysteme. Wir haben uns auf Deutschland und Österreich als Länder, die Währung Euro und das deutsche Größensystem (42-62) beschränkt und gemeinsam mit navabi beschlossen, zunächst nur navabi.de und navabi.at auf Magento 2 zu starten. Dadurch konnten wir viele Aufwände, insbesondere bei den Schnittstellen und den Übersetzungen, sparen. In einem zweiten Schritt müssen diese natürlich nachgeholt werden.

4. Übernahme des Designs 1:1

Wir haben nicht nur das Design des alten Shops kopiert, sondern auch das zugrunde liegende HTML und CSS (auf SCSS-Basis). Alle Styles von Magento haben wir entsprechend entfernt. Dies hat uns viel Zeit bei der Frontend-Entwicklung gespart, da wir auf langwierige Tests und Anpassungen für verschiedene Auflösungen, Geräte und Browser verzichten konnten.

In einem zukünftigen Schritt wird das Frontend voraussichtlich durch eine moderne PWA ersetzt werden.

5. navabi.at als Testobjekt

Vor dem Hauptshop navabi.de haben wir als Testballon den österreichischen Shop umgesetzt. Dieser ist, bis auf wenige Inhalte wie z.B. das Impressum, die Kontaktdaten oder die Versandzeiten identisch mit dem deutschen Shop. Gleichzeitig war das Risiko, den Shop in einem frühen und möglicherweise noch nicht ganz ausgereiften Zustand zu launchen, wesentlich geringer, da ein Einbruch der Verkäufe in Österreich im Gesamtkontext kaum Einfluss hat.

Dadurch hatten wir die Möglichkeit, den Shop bereits im Live-Betrieb mit echten Kunden zu testen. Dies hat wertvolle Erkenntnisse geliefert – zum Einen über noch vorhandene Bugs, zum Anderen über Funktionen, die die Kundinnen aus dem alten Shop vermissten. So konnten wir gemeinsam mit navabi den weiteren Plan bis zum Relaunch von navabi.de anpassen.

6. Fokus

Während der Implementierungsphase haben fast alle Entwickler zu fast 100% am Projekt gearbeitet. Durch die intensive Teamarbeit und die tägliche Abstimmung konnten Probleme schnell festgestellt und behoben werden.

Der Relaunch

navabi - Endgültiger Zeitplan

navabi – Endgültiger Zeitplan

Aus verschiedenen Gründen mussten wir den ursprünglich angepeilten Zeitplan umgestalten. Hauptsächlich waren das zusätzliche Funktionen, die noch eingebaut werden mussten – als Beispiel mag die Integration des Google Tag Managers dienen. Damit die getrackten Daten im neuen und alten Shop vergleichbar sind, wurde die alte Integration nachgebaut anstatt die in Magento Commerce enthaltene Integration zu nutzen.

Dennoch ist die Umsetzung eines Projektes dieser Größenordnung in nur 7 Monaten ein Erfolg, den auch unser Kunde navabi als solchen sieht.

Voraussetzungen

Für die erfolgreiche Umsetzung des navabi-Projektes gab es einige Grundvoraussetzungen, die vorhanden waren und uns damit die Zusammenarbeit wesentlich erleichtert haben:

  • Flexibilität auf Seiten des Auftraggebers. Dies betrifft vor allem den Funktionsumfang, aber auch eine gewisse zeitliche und finanzielle Flexibilität sind sehr hilfreich.
  • Flexibilität auf Seiten des Auftragnehmers. Hier geht es natürlich um die Bereitstellung von Ressourcen sowie eine gewisse mentale Flexibilität, sich auf Bedürfnisse des Händlers und der Zielgruppe einzustellen, auch wenn diese erstmal kontraintuitiv scheinen.
  • Vertrauen zwischen Händler und Dienstleister. Beide Parteien müssen an einem Strang ziehen – Misstrauen oder Distanz ist da kontraproduktiv.
  • Agiles Vorgehen statt Wasserfallmodell. Die Zeit wäre für dedizierte Planungs- und Testphasen nicht ausreichend gewesen. Mit einem agilen, an Scrum angelehnten Modell sind wir sehr gut gefahren.
  • Flexpreis statt Festpreis. Ein Festpreis ist kaum mit einem agilen Projekt zu vereinbaren. Eine zuverlässige Grobschätzung der Aufwände war jedoch Grundvoraussetzung auf Seiten von navabi, um das Budget planen zu können.

Als „Nice to Have“ konnten wir noch die räumliche Nähe (auch navabi hat den Hauptsitz in Aachen) und eine hohe Sympathie der beiden Teams untereinander verbuchen.

Scrum

Während des Umsetzungs- und Testzeitraums war eine enge Abstimmung zwischen den Teammitgliedern notwendig. Wir haben uns früh für Scrum als Methode eingesetzt, da mehrere Teammitgliedern bereits positive Erfahrungen damit gemacht hatten. Da die meisten Teammitglieder nicht täglich im Büro anwesend waren, haben wir eine Remote-Variante davon eingesetzt. Zentrales Merkmal sind die Abstimmungs-Meetings, die wir größtenteils per Videokonferenz durchgeführt haben:

  • Daily – täglich
  • Sprint Planning – zweiwöchentlich
  • Review – zweiwöchentlich
  • Retrospektive – zweiwöchentlich

Auf manche anderen Elemente haben wir hingegen verzichtet, wie auf die gemeinsame Schätzung mit Story Points.

Unser interner Product Owner hat sich während der Sprints darum gekümmert, dass ausreichend Aufgaben vorhanden waren und auch alle notwendigen Spezifikationen und Informationen vorlagen. Dieser war mit verschiedenen Mitarbeitern von navabi in engem Austausch.

Ausblick

Unsere nächsten Schritte werden sein:

  • Internationalisierung – Umsetzung von 42 weiteren Shops in 5 Sprachen zur endgültigen Ablösung des alten Shopsystems
  • Einführung von PageBuilder und möglicherweise weiteren Funktionen von Magento Commerce
  • Umsetzung eines PWA-Frontends
  • Personalisierung
Andreas von Studnitz

Autor: Andreas von Studnitz

Andreas von Studnitz ist Diplom-Informatiker, Magento-Entwickler und Geschäftsführer von integer_net. Seine Schwerpunkte sind Entwicklung, Beratung und die Durchführung von Schulungen. Er ist Magento 2 Certified Professional Developer Plus und hat darüber hinaus weitere Magento Zertifizierungen für Magento 1 und Magento 2. Sowohl im Jahr 2019 als auch 2020 wurde Andreas als Magento Master in der Kategorie „Mentor“ ausgezeichnet.

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